Von Gästen, die anpacken
„Freiwillig am Bauernhof“ und „Alpenschule Tirol“ sind zwei unterschiedliche Vereine
mit ähnlichen Zielen: Tiroler Bergbauernhöfe zu unterstützen und dabei Gästen
Einblicke in das landwirtschaftliche Leben zu gewähren.
© FREIWILLIG AM BAUERNHOF/MARTIN LUGGER, MARIO WEBHOFER
„Wir stellen immer wieder
fest, dass durch die Aufent-
halte amBergbauernhof ein
Bezug zu Tirol entsteht. Der
Kontakt zu den Betrieben
wird oft aufrechterhalten und
Tirol in der Folge als Touris-
musdestination gewählt.“
Mag. Hannes Ziegler, Geschäftsführer
Maschinenring
© MARIO WEBHOFER
Mehrwert schaffen
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S
o gut wie hier habe ich schon lange
nicht mehr geschlafen“, lautete die
Rückmeldung eines Ehrenamtli-
chen, der im letzten Jahr im Rah-
men des Projektes „Freiwillig amBauernhof“
nachTirol kam, umauf einemBergbauernhof
mitzuarbeiten. Die körperliche Tätigkeit im
Freien und das frühe Aufstehen sorgten da-
für, dass er am Abend müde, aber glücklich
ins Bett fiel. Gleichzeitig erhielt der landwirt-
schaftliche Betrieb eine wertvolle Hilfe.
Genau dieses Zusammenbringen von
unterschiedlichen Interessen ist das Ziel
des Vereins „Freiwillig am Bauernhof“, der
vom Maschinenring zusammen mit der
Landwirtschaftskammer Tirol gegründet
wurde. Hannes Ziegler, Geschäftsführer
des Maschinenrings, erklärt: „Die Initiative
wurde ins Leben gerufen, um Tiroler Berg-
betrieben, die zunehmend unter dem Ar-
beitskräftemangel in Spitzenzeiten leiden,
Unterstützung in der Bewirtschaftung ihrer
Höfe zu bieten. Und gleichzeitig, um Interes-
sierten Einblicke in die Landwirtschaft zu
gewähren.“
LÄNDERMIX & TIROLER
GegenKost und Logis könnenFreiwillige auf
Betrieben im alpinen Gelände mitanpacken.
Nur für die An- und Abreise müssen die Gäs-
te selbst aufkommen. Von der Ankunft bis
zum Abreisetag erhalten sie eine Unfallver-
sicherung. Zu den Haupttätigkeitsfeldern
der Helfer zählt die Heuernte, aber auch
sonstigemanuelle Arbeiten, die zumBeispiel
im Haushalt anfallen. Die Haupteinsatzzeit
ist von Juni bis September. Im Unterschied
zu „Urlaub am Bauernhof“, wo Gäste mit-
arbeiten können, wird von den Freiwilligen
eine Mitarbeit erwartet.
Im vergangenen Jahr wurden 269 Ein-
sätze vermittelt. 71 Prozent der Freiwilli-
gen kamen aus Deutschland, 26 Prozent aus
Österreich und der Rest aus unterschiedli-
chen Ländern. Der durchschnittliche Auf-
enthalt betrug 15 Tage. Bisher gab es eine
Mindestaufenthaltsdauer von sieben Tagen.
Ab heuer sind auch Tageseinsätze möglich,
da der Bedarf an spontaner Hilfe von Seiten
der Bauernhöfe steigt und es zudemBetriebe
gibt, die keine Unterbringungsmöglichkei-
ten haben. Da sich die Anreise aus dem Aus-
land für die kurze Dauer nicht rentiert, hofft
man auf Tiroler, die sich engagieren möch-
ten. „Für die spontanen Einsätze ist es wich-
tig, dass wir viele einheimische Freiwillige
gewinnen, die wir kurzfristig kontaktieren
können“, erklärt Ziegler. „ZumBeispiel wenn
das Heu witterungsbedingt schnell geerntet
werden muss.“
Wer diese Freiwilligen sind, lässt sich
laut Ziegler nicht pauschal sagen: „Den ty-
pischen Freiwilligen gibt es nicht. Vom Ma-
turanten über den erfolgreichen Geschäfts-
führer bis hin zum rüstigen Pensionisten ist
alles dabei.“ Als Motiv geben die meisten an,
etwas Gutes tun zu wollen. Andere suchen
Abwechslung zumAlltag.
MITHELFEN & LERNEN
Etwas anderes sehen und erleben, aber vor
allem auch viel Neues lernen können auch
die Teilnehmer der Alpenschule Tirol in
Westendorf, ein Projekt, das vom gleichna-
migen Verein angeboten wird. Die Initiative
gibt es seit über zwanzig Jahren und wurde
von Josef Ziepl, dem ehemaligen Direktor
des Tourismusverbands Kitzbühel, ins
FREIWILLIG AM BAUERNHOF
Das Projekt nahm im Jahr 2004 im Bezirk Landeck im Rahmen eines Regionalentwicklungs-
programms seinen Anfang.
2005 hat sich der Maschinenring des Projekts angenommen. Im
Jahr
2015
wurde der
Trägerverein „Freiwillig am Bauernhof“
vom Maschinenring gemein-
sam mit der Landwirtschaftskammer Tirol
gegründet
.
Unterstützt
wird das
Projekt
von der
Raiffeisen-Landesbank Tirol AG und der Tiroler Versicherung.
Der Verein zählt inzwischen
127 Mitglieder. 2016 wurden 4.101 Einsatztage gezählt, was knapp 18 Ganzjahres-Vollzeitkräften
bzw. 300.000 Euro Gegenwert entspricht.
„Für die spontanen
Einsätze ist es wichtig,
dass wir viele einhei-
mische Freiwillige
gewinnen, die wir
kurzfristig kontak-
tieren können.“
Hannes Ziegler
»
Auf Tiroler Bergbauernhöfen können Gäste
bei landwirtschaftlichen Arbeiten mithelfen.