Wirtschaftsinformation der Tiroler Raiffeisenbanken
Raiffeisen kompakt 01/2012
„Nachhaltig hohe
Ertragskraft“
Das vergangene Jahr verlief für die Raiffeisen Bank International
phasenweise sehr turbulent. Dennoch konnte der Gewinn um
rund 7 Prozent gesteigert werden.
D
ie vorläufigen Zahlen für das
Geschäftsjahr 2011, die von den
Wirtschaftsprüfern noch nicht
abschließend bestätigt wurden,
zeichnen für die Raiffeisen Bank Internatio-
nal AG (RBI) ein positives Bild in einem an-
spruchsvollen Umfeld. Bei einem um knapp
2,5 Prozent gestiegenen Zinsüberschuss und
stabilem Provisionsüberschuss erwirtschaf-
tete die RBI einen Jahresüberschuss vor
Steuern von 1,37MilliardenEuro – das ist ein
Plus von rund 7 Prozent gegenüber 2010.
„Unsere nachhaltig hohe Ertragskraft
basiert auf einem breit diversifizierten Ge-
schäftsmodell mit klarem Fokus auf Zen-
tral- und Osteuropa, das auch in Zukunft
die Wachstumsregion Europas bleiben
wird“, sagte Herbert Stepic, Vorstands-
vorsitzender der RBI. „Auf Grund unseres
traditionell geringen Engagements in den
peripheren Ländern der Eurozone wurde
unser Ergebnis durch die Entwicklungen
in diesen Märkten nicht direkt belastet.
Dank der sehr guten Performance einiger
Tochterbanken gelang es uns, die schlech-
te wirtschaftliche Entwicklung unserer
Bank in Ungarn mehr als abzufedern“, so
Stepic.
Tirols Handelsbetriebe:
Warum sie sowichtig sind
Viele Bereiche der Wirtschaft leisten ihren Beitrag für die Wohlstandsentwicklung. Aber die großartigsten Ingenieurleistungen, die besten
Produkte wären zum Scheitern verurteilt, wenn es nicht Menschen gäbe, die an einem zentralen Punkt ihre Leistung bringen: beim Verkauf.
Der Handel entscheidet darüber, ob ein Produkt erfolgreich ist oder nicht. Aber nicht nur deshalb ist der Handel von überragender Bedeutung.
M
it fast 50.000 unselbstän-
dig Beschäftigten ist der
Tiroler Handel schlicht un-
verzichtbar für den Tiroler
Arbeitsmarkt, für Jobsicherheit und Wohl-
stand im Land. Insgesamt 8.970 Unterneh-
men arbeiten im Handel, 3.232 davon sind
Kleinstunternehmen mit weniger als zehn
Beschäftigten, nur 17 Unternehmen sind
Großbetriebe mit mehr als 250 Beschäf-
tigten. Das bedeutet: Der Handel ist eine
Sparte, die auf den sehr zahlreichen Beinen
von klein- undmittelständischen Unterneh-
men steht. Nicht Großkonzerne, sondern fa-
miliär geführte, in Tirol verwurzelte Unter-
nehmen dominieren den Handel.
Der Handel ist auch einer der wich-
tigsten Ausbildner: Mehr als 2.200 Lehr-
linge lernen derzeit in insgesamt 770 Tiroler
Handelsbetrieben, berichtet Alois Schell-
horn, Sparten-Geschäftsführer in der Tiro-
ler Wirtschaftskammer. Und: die Handels-
betriebe spielen auch eine überragendeRolle
für berufstätige Frauen: 57 Prozent der Mit-
arbeiter imHandel sind weiblich. Besonders
hoch ist die Frauenquote im Einzelhandel
– sie beträgt 76 Prozent. Auch die Handels-
lehrlinge sind mehrheitlich weiblich: 1.457
Mädchen stehen 749 Burschen gegenüber.
Die Jobmöglichkeiten im Handel sind
vielfältig: Sowohl Akademikern als auchGe-
ringqualifizierten bietet die Sparte attrak-
tive Chancen in einem spannenden Umfeld.
Die Unternehmen bieten zudem in über-
durchschnittlichem Maße flexible Arbeits-
zeiten. Insgesamt erwirtschaftet der öster-
reichische Handel einen Umsatz (netto) von
217 Milliarden Euro. Damit ist der österrei-
chische Handel der umsatzstärkste Sektor
der marktorientiertenWirtschaft.
Wohlstandsfaktor.
Für die Städte und Regionen ist der Handel
ein wichtiger Wohlstandsfaktor. Jeden Tag
zieht es Hunderttausende Kunden in die Ge-
schäfte des Einzelhandels. In Tirol sind da
viele Touristen dabei, für die das Einkaufen
ein wichtiger Teil des Urlaubserlebnisses
ist. Das bringt Wohlstand ins Land. Als ei-
ner der größten Steuerzahler trägt der Han-
del auch dazu bei, dass Straßen instand ge-
setzt, der Nahverkehr erweitert oder soziale
Projekte finanziert werden können. Die Ti-
roler Handelsbetriebe wissen, dass es viel
Engagement braucht, um den Kunden ein
entsprechendes Einkaufserlebnis zu bieten.
Die Unternehmen investieren Millionen in
ihre Geschäftsräume, in die Fachberatung,
in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter und in
Service für den Kunden.
Der Handel hat aber nicht nur volkswirt-
schaftliche Bedeutung, sondern ist auch für
das Gesellschaftsleben wichtig: Der Einzel-
handel prägt das Gesicht unserer Orte und
ist aus dem täglichen Leben nicht wegzuden-
ken. Orte sind nur dann lebendig, wenn sie ei-
nen lebendigen Handel und eine starke Kauf-
mannschaft haben. „Es ist wichtig für einen
Ort, dass die Kaufkraft imOrt bleibt“, sagt et-
wa der TelferMöbelhändler Herbert Föger.
Handelsstadt Hall.
Ein Musterbeispiel dafür sind die Kaufleute
in der Handelsstadt Hall. Schon in den sieb-
ziger Jahren hat sich in Hall eine Kaufleute-
vereinigung gebildet. Anfang der neunziger
Jahre richteten die Haller dann ihr Stadt-
marketing ein – als erste Gemeinde Tirols.
Über dieses Stadtmarketing wird seither
Hall als Handelsstadt lebendig gehalten.
Träger sind die Stadt Hall, der Tourismus-
verband, der Verein der Kaufleute und die
Stadtwerke. Sie bringen es zusammen auf
ein Budget von 400.000 bis 450.000 Euro,
berichtet Steuerberater Werner Schiffner,
Obmann der Kaufleutevereinigung.
Zu dieser Summe kommen noch 250.000
Euro, die fürsGratisparkenderKunden (eine
Stunde lang) ausgegeben werden, insgesamt
sind es also rund 700.000 Euro – eine schö-
ne Summe, aus der in den letzten Jahren un-
zählige Aktivitäten finanziert wurden: Das
geht von Veranstaltungen für die Handels-
belebung über Events wie das Radieschen-
fest, die viele Leute in die Stadt locken, bis zu
Initiativenwie das „Nightseeing“ imHerbst,
bei dem Kultureinrichtungen (Münze, Mu-
seen, Rathaus etc.) ebenso bis Mitternacht
geöffnet haben wie die Handelsgeschäfte –
ein erfolgreiches Projekt, dem im Frühling
(am Freitag vor dem Muttertag) ein Mitter-
nachtseinkaufstag folgt.
Die Haller verfügen sogar über eine ei-
gene Handelswährung: „Als Münzstadt ha-
ben wir den ,Haller Guldiner‘ als wirklich
schöne Münze geprägt", sagt Schiffner. Hal-
ler können diese Guldiner ihren Lieben zum
Geschenk machen, Firmen können sie zu
Weihnachten an ihre Mitarbeiter verschen-
ken. Mit dem Guldiner kann man nur in
den Geschäften der Haller Innenstadt ein-
kaufen: „So bleibt Kaufkraft in der Stadt“,
berichtet Schiffner: Immerhin werden so
200.000 Euro in Hall gebunden. Warum es
in Hall so gut gelingt, die Gemeinde als le-
bendige Handelsstadt zu gestalten? „Es geht
nur, weil wirklich alle an einem Strang zie-
hen“, sagt Schiffner: die Stadt, der Touris-
musverband und die Kaufleute: „Alle Ent-
scheidungsträger sitzen an einem Tisch.“
Und es wird immer nach vorne geschaut.
Derzeit überlegen die Haller, wie sie auch die
Händler außerhalb der Innenstadt stärker
einbeziehen können.
Ortsmarketing GmbH.
Mit einer Stimme zu sprechen und als Kauf-
mannschaft gemeinsam zu arbeiten, das war
auch der Hauptbeweggrund für die Grün-
dung des Wirtschaftsforums St. Johann in
Tirol. Mit der Gemeinde wurde die Ortsmar-
ketingGmbHins Leben gerufen. „Somit ist es
gelungen, dass zum ersten Mal alle Akteure
an einem Strang ziehen und dieselben Ziele
verfolgen“, sagt Obfrau Angelika Schmied-
Hofinger. Auch hier gilt: Letztlich hängen
diese Vereinigungen vom Engagement ihrer
Kaufleute ab. Und dieser Einsatz ist es, der
Tirols Orte lebenswert erhält.
„Hall ist eine lebendige Handelsstadt, weil
die Stadt, der Tourismusverband und die Kauf-
leute an einemStrang ziehen. Alle Entschei-
dungsträger sitzen an einemTisch.“
Werner Schiffner, Obmann der Haller Kaufleutevereinigung
© Schiffner
Handelszahlen
• Der österreichische Handel erwirtschaftet einen Umsatz von 217 Milliarden Euro im
Jahr. Der Einzelhandel kommt auf 55,5MilliardenEuro. Die größte Branche ist der Le-
bensmitteleinzelhandel, er hat einen Umsatzanteil amEinzelhandel von 31 Prozent.
• Die Einzelhandelsgeschäfte erwirtschaften einenUmsatz von 4170Euro proQuadrat-
meter und Jahr.
• Der Umsatz der Einkaufszentren beträgt bundesweit 10,4Milliarden Euro.
• Der Tiroler Handel erwirtschaftet rund 20MilliardenEuroNetto-Umsatz, der Tiroler
Einzelhandel kommt auf rund 5Milliarden Euro.
• Der Tiroler Lebensmitteleinzelhandel erwirtschaftet in etwa 1,5Milliarden Euro.
(Quelle: Tiroler Wirtschaftskammer)
Dank dem Guldiner, mit dem
man in der Haller Innenstadt
bezahlen kann, bleibt Kauf-
kraft in der Stadt.
Oberer Stadtplatz in Hall: Seit den siebziger Jahren gibt
es in der Salzstadt eine Kaufleutevereinigung.
© TVB Hall/Wattens