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Interview Dr. Hannes Schmid und Dir. Josef Graber
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Noch dazu ist es auch so, dass man ein Sparbuch angreifen kann,
da hat man etwas in der Hand. Ergänzend möchte ich festhalten,
dass der Bereich des Online-Sparens bei Raiffeisen einen Boom
erlebt. Kunden nutzen die Gelegenheit, von zuhause aus zu
sparen.
Raiffeisen ist auch Nummer eins im Firmenkundenbe-
reich. Wie hat sich die Zusammenarbeit mit der Tiroler
Wirtschaft entwickelt? Rechnen Sie mit einer Kredit-
klemme?
Dr. Schmid:
Die KMU-Betriebe Tirols sind traditionell mit Raiffeisen
wie mit einer Nabelschnur verbunden.
Vor dem Hintergrund der Krise haben sich die regionalen Tiroler
Unternehmen wieder auf ihre Finanzdienstleister vor Ort zurückbe-
sonnen. Waren es früher mehr die Konditionen, so ist es heute
auch die partnerschaftliche Beziehung, die für Kontinuität in der
Geschäftsbeziehung zu Raiffeisen sorgt. Wir hatten keine Kredit-
klemme bei Raiffeisen und werden auch zukünftig Kredite an
unsere Kunden wie bisher vergeben!
Dir. Graber:
Das Vertrauen der Tiroler Wirtschaft in unsere Raiff-
eisenbanken kommt nicht von ungefähr: Wir sind mit unserer ge-
samten Kompetenz vor Ort – nicht als Filialisten. Unsere Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter können die Lage persönlich einschätzen
und schnell entscheiden. Das Raiffeisen-Konzept mit den eigen-
ständigen Regionalbanken hebt uns vom Mitbewerb ab. Mit einer
Kreditklemme rechnen wir bei Raiffeisen auch in Zukunft nicht. Die
Liquidität ist ein hohes Gut und bei Raiffeisen auf jeden Fall gesi-
chert. Das belegen auch die Wachstumszahlen im aktuellen Ge-
schäftsergebnis.
Thema Engagement: Die RLB ist Förderer und Unter-
stützer von Kultur, Sport, Bildung, Sozialem und regionalen
Projekten. Warum dieses große Engagement, wird dies so
bleiben?
Dir. Graber:
Mit fünf Millionen Euro jährlich läuft ein großer Teil der
regionalen Sponsortätigkeit über die Tiroler Raiffeisenbanken. Wir
unterstützen Vereine und Initiativen und damit die Entwicklung der
Orte. Wir mussten nach den Krisen unser Marketingbudget nicht
kürzen und haben keine Zahlungen eingestellt. Das ist ein weite-
res Raiffeisen-Versprechen: die Nachhaltigkeit. Allerdings bedeutet
dies nicht, dass das Sponsoring immer gleich bleibt. Die Summe
von fünf Millionen Euro ja, aber die Verteilung wird jedes Jahr neu
entschieden.
Dr. Schmid:
Wir sind da, wo sich die Tiroler in ihrer Freizeit wohl-
fühlen, z. B. beim Sport, oder dort, wo sie uns brauchen, etwa im
Sozialbereich. Wir engagieren uns auch traditionell für die Jugend.
Wir unterstützen individuell bzw. dort, wo unser Sponsoring Nutzen
stiftet. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.
Ein Beispiel ist die langjährige Förderung von jungen Klettersport-
athleten. Klettern ist DER Trend beim Nachwuchssport. Klettern
und Berge sind eben aus Tirol nicht wegzudenken.
Das alles gehört zu unserer starken Marke und zeigt, wofür wir stehen.
Thema Zukunft: Wie sehen Sie Ihre soziale Verantwortung
– in Bezug auf die Mitarbeiter und Kunden?
Dr. Schmid:
Unsere Rolle als einer der größten privaten Arbeitge-
ber Tirols mit 2.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist eine ver-
antwortungsvolle Aufgabe für alle unsere Geschäftsleiter. Unsere
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schätzen das Klima bei Raiffeisen,
das Arbeiten in der Gemeinschaft und die Vernetzung vor Ort. Wir
sind eine der wenigen Banken, deren Mitarbeiterzahl noch immer
ansteigt.
Zudem glauben wir auch an die Jugend: Wir haben eine Lehr-
lingsoffensive gestartet, 80 Prozent der Bankenlehrlinge in Tirol
sind heute bei Raiffeisen beschäftigt.
Dir. Graber:
82 Raiffeisenbanken in ganz Tirol sind gute Arbeitge-
ber vor Ort. Wir sehen uns hier auch als Nahversorger – wir inves-
tieren vor Ort, bieten Arbeit und steigern somit die Wertschöpfung.
Gleichzeitig beauftragen wir – im Falle von baulichen Sanierungen
oder Neubauten etwa – immer Firmen aus der Region, damit das
Geld auch dort bleibt.
Übrigens: Das Lehrlingsprojekt ist ein erfolgreiches Projekt von
Dr. Schmid. Hier möchte ich erwähnen, dass wir zur Lehrlingsaus-
bildung auch die Möglichkeit Lehre mit Matura anbieten.
Im Augenblick ist die Eurokrise in aller Munde und die
Situation am Finanzmarkt angespannt. Glauben Sie an
den Fortbestand des Euros, der derzeit oft diskutiert wird?
Dr. Schmid:
Ja, ganz sicher! Was wir im Moment haben, ist keine
Eurokrise. Es ist eine Krise der Staaten und der Politik. Ich empfin-
de es als halbherzig, die Währungsunion nur über den Euro zu
definieren. Die Wirtschaft Europas ist – abgesehen von vielleicht
ein paar südlichen Ländern – wettbewerbsfähig! Ohne Gemein-
samkeit in der europäischen Politik gibt es allerdings auch keine
Wirtschaftsunion. Wenn man sich einigt, dann zählt Europa und mit
ihm der Euro zu den drei stärksten Wirtschaftsmächten in der Welt.
Dir. Graber:
Wir haben in erster Linie eine Krise der Politik, welche
durch eine negative Berichterstattung in den Medien noch weiter
verschärft wird. Wir haben aber keine Wirtschaftskrise! Oder war-
um sonst weisen z. B. die Autokonzerne sagenhafte Gewinnzah-
len aus? Die Zahlen den Euro betreffend werden immer negativer
berichtet, als sie tatsächlich sind. Wir müssen uns einfach einmal
überlegen, wer 2008 die Krise ausgelöst hat: nicht Europa,
sondern die USA. Ich glaube an Europa und bin auf jeden Fall ein
Eurobefürworter. Der Euro hat Bestand!
Dr. Hannes Schmid