Lagebericht
Größte Finanzkrise seit den 30er-Jahren
2008 wird in die Geschichte eingehen als das Jahr der größten
Finanzkrise seit der Weltwirtschaftskrise der 30er-Jahre. Vor allem
nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman
Brothers Mitte September drohte der globale Kollaps des Finanz-
systems, mit unabsehbaren Folgen für die Weltwirtschaft. Dank
des beherzten Eingreifens der Regierungen, mit milliarden-
schweren Rettungspaketen für die Banken, konnte der allgemeine
Kollaps zwar verhindert werden, das Finanzsystem blieb aber
extrem angespannt.
Zudem zeigte sich auch, dass die Krise auf die Realwirtschaft
übergegriffen hatte. Noch bis zur Jahresmitte konnte man hoffen,
dass die Ansteckungsgefahr für die Wirtschaft eher gering bleiben
würde. Diese Einschätzung musste jedoch revidiert werden. Denn
die meisten großen Volkswirtschaften befanden sich seit dem 3.
Quartal klar auf Rezessionskurs. Wichtige konjunkturelle Vorlauf-
indikatoren, wie die ISM-Einkaufsmanagerindizes in den USA oder
der deutsche Ifo-Index, stürzten schockartig ab und signalisierten
eine tiefe Rezession. Zunehmend wurden davon auch Hoffnungs-
träger für die Weltwirtschaft, wie Asien, angesteckt. Angesichts
dieses extrem schwierigen Umfelds kam es auch an den Kapital-
märkten zu heftigen Turbulenzen.
Turbulente Rohstoffmärkte
Ein zweigeteiltes Jahr war an den Rohstoffmärkten zu beobachten.
So haussierten die Rohstoffpreise, angeführt vom Ölpreis, noch
in den ersten sechs Monaten 2008. Der Ölpreis erreichte Mitte
2008 die unglaubliche Höhe von über US$ 147,– pro Barrel. Auch
die Agrarrohstoffe zeigten ungeahnte Höhenflüge. In der zweiten
Jahreshälfte stürzten die Rohstoffpreise bedingt durch Konjunktur-
sorgen dann aber genauso steil wieder ab.
Gesamtwirtschaftliche
Entwicklung 2008
Crash an den Aktienmärkten
Das Aktienjahr 2008 war das schwächste seit Jahrzehnten. So
verlor der MSCI World-Index, der einen Querschnitt der großen
weltweiten Aktienindizes abbildet, in US-Dollar ca. 45 Prozent, in
Euro umgerechnet dagegen „lediglich“ 38 Prozent. Der ATX wies
mit einem Minus von 62 Prozent in 2008 die schlechteste Bilanz der
europäischen Börsen auf. Die jahrelang so erfolgsverwöhnte öster-
reichische Börse wurde gleich doppelt bestraft. Zum einen konnte
sie sich dem allgemeinen Trend nicht entziehen. Zum anderen
zogen sich aber vor allem viele internationale Anleger fluchtartig
zurück, um ihre Finanzprobleme im jeweiligen Heimatland zu
lösen. Die vorher unterstützende Osteuropafantasie der Wiener
Börse schlug zudem in eine Osteuropapanik um. Diese extreme
Flucht aus allen Emerging Markets spiegelt auch die Entwicklung
der russischen Börse mit einem Minus 2008 von 65 Prozent und
des chinesischen Shanghai B-Index mit minus 68 Prozent wider.
Staatsanleihen profitierten von den Aktien
Nutznießer der Aktienmisere waren die Staatsanleihen. Die Anle-
ger suchten im Jahr 2008 sichere Häfen und flüchteten regelrecht
in Staatspapiere. Die 10-jährige Euro-Benchmarkanleihe ren-
tierte schließlich unter 3 Prozent. Dies ist der niedrigste Wert seit
Beginn der europäischen Einheitswährung. Insgesamt war das
Rentenjahr aber zweigeteilt. So überwogen in den ersten sechs
Monaten noch die Inflationsängste, was zu einem deutlichen
Renditeanstieg bei langlaufenden Euro-Staatsanleihen von 3,9
Prozent auf nahezu 5 Prozent geführt hatte. Dagegen standen Un-
ternehmensanleihen während des gesamten Jahres unter Druck.
Nach der Lehman-Pleite war der Markt für Corporate Bonds sogar
von nie zuvor gesehener Illiquidität geprägt. Es kam zu erheb-
lichen Renditeaufschlägen bei Unternehmensanleihen gegenüber
Staatspapieren.