Über Tirol
und die Welt
Auf dem Weg nach Liechtenstein frage ich mich, warum so viele
Tiroler Künstler nicht in Tirol leben, warum es Tiroler Künstler, die
in ihrer Heimat bleiben, so schwer haben, den Durchbruch zu
schaffen. Ich bringe es mit der Größe der Landeshauptstadt in
Verbindung, mit der Anzahl der Galerien und Ausstellungsmög-
lichkeiten, mit der Einwohnerzahl, mit der Künstlerdichte. Warum
gehen so viele Künstler nach Wien, nach Berlin? Was ist dort
anders? Ist der Boden dort fruchtbarer? Die Kunstexperten sagen
ja. Was früher Köln oder London war, ist heute Berlin, ein Schmelz-
tiegel der Kulturen, alles trifft sich dort, alle Sparten und Formen
der Kunst, Berlin ist Nährboden, dort entstehen große Dinge, die
Künstler befruchten sich gegenseitig, die Infrastruktur ist gewaltig,
das Interesse ebenso. Ich kombiniere: Deshalb also arbeitet ein
hervorragender Osttiroler Künstler in einem Autohaus in Lienz und
deshalb stellt Peter Kogler im Mumok aus, oder Raimund Abraham
im Guggenheim. Kunst zieht in die Zentren, das ist das Schicksal
der Randlagen, so funktioniert die Welt der schönen Dinge, denke
ich mir und manövriere das Auto durch die März-Schneemassen,
die mich noch von meinem Interviewpartner, von Friedemann
Malsch, dem Direktor des Kunstmuseum Liechtenstein trennen.
Dann, nach Stunden, fahre ich endlich in Vaduz ein, dem Hauptort
von Liechtenstein, ein Ort, der mich an meine Heimatgemeinde
Sillian erinnert, ein sehr kleiner Ort, in dem nicht viel passiert, eine
Handvoll Einwohner, die lautlos durch die Straßen streichen. Auf
der Suche nach dem Kunstmuseum halte ich nach kleinen, liebens-
werten Gebäuden Ausschau, ich suche eine mittelgroße Galerie
und ein Schild, auf dem „Kunstmuseum“ steht, doch eine Vaduze-
rin deutet auf einen großen schwarzen Quader aus eingefärbtem
Zement, imposant, modern, cool.
Der kleine Ort beeindruckt mit einem Museum, wie es sich Inns-
bruck seit vielen Jahren wünscht, ein Haus der Kunst am Dorf.
Es handelt sich um das Staatsmuseum, sagt Malsch, deshalb
die Dimension, deshalb die internationale Sammlung, ein Staat
braucht ein repräsentatives Kunstmuseum, logisch. Seit 1967 wird
in Liechtenstein gesammelt, im August 2000 wurde der Neubau fer-