Seite 83 - rlb_geschäftsbericht 2007

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Gregor Bloéb
Alles in Ordnung
in der Höll.
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Raffl rennt mit den Kindern im Arm
einen Hang hinunter, die Franzosen
sind hinter ihm her, sie haben seine
Frau erschossen, sie blieb liegen hin-
ter ihm, er rennt weiter, sie schießen,
sie treffen ein Kind, es bricht neben
ihm zusammen, bleibt liegen, sie
treffen noch ein Kind, er rennt weiter,
zwei Kinder im Arm, sie sind ihm auf
den Fersen, es scheint keinen Aus-
weg zu geben, sie schießen, er rennt.
Da gelingt es ihm, sich unter einer
Brücke zu verstecken, die Franzo-
sen zu täuschen, er ist in Sicherheit,
ein Kind weint, das andere rührt sich
nicht, er schüttelt es, weint, schreit, es
rührt sich nicht, es ist tot.
Ich habe diese Szene aus dem Film
„Die Freiheit des Adlers“ noch deutlich
vor mir, mir stockte damals der Atem,
was da auf der Leinwand geschah,
war furchtbar, aber der Schauspieler
in dieser beklemmenden Szene war
wunderbar, ich glaubte ihm. Jede
Träne, jeden Laut, den er von sich
gab. Dieser Schauspieler heißt Gregor
Bloéb.
Ein Tiroler, der es geschafft hat, der
mittlerweile über die österreichischen
Landesgrenzen hinaus bekannt ist,
erfolgreich seinen Weg geht, sei es
als Sänger, Showmaster, am The-
ater oder als Filmschauspieler. Ich
erinnere mich an seine erste Fern-
sehrolle, an der Seite seines Bruders
Tobias Moretti in der Piefke-Saga, ich
erinnere mich an die Große Gre-
gor-Bloéb-Show, an kleine Rollen in
kleinen Filmen, dann an große Rollen
in großen Filmen. Ich erinnere mich
an diese Augen, die einen durchdrin-
gen können, an die Ausstrahlung, die
dieser Mann hat, an die Kraft, die er
in seine Rollen legt, an diese Portion
Wahnsinn, die ihn wahrscheinlich
ausmacht.
Gregor Bloéb spielte in Felix Mitterers
Historienfilm den Raffl, an die ein-
gangs beschriebene Szene kann er
sich noch gut erinnern. „Das war der
härteste Dreh meines Lebens, Horror,
ich habe nach Drehschluss vierund-
zwanzig Stunden durchgeschlafen,
ich hatte meine Frau und vier Kinder
verloren, ich bin nur noch im Bett
gelegen und war fertig.“
Gregor sitzt neben seiner charmanten
Freundin Nina beim Frühstück und er-
zählt über sein Leben. Er hat mich für
unser Gespräch zu sich nach Hause
eingeladen, auf die Burg Hörtenberg
in Pfaffenhofen, eine Ruine, die er
liebevoll wieder zum Leben erweckt
hat, ein Ort, der dem Schauspieler
Ruhe bietet, der ihn glücklich macht,
abseits des Dorfgeschehens, des
Filmgeschäfts, der großen Öffentlich-
keit, die der Tiroler mittlerweile hat.
Oben am Hang, in der Nähe des Wei-
lers Höll genießt er seine freien Zeiten,
sein selbstgeschaffenes Reich. Zufrie-
den sitzt er da, löffelt sein Frühstücks-
ei, streicht Butter auf seinen Toast und
geht leichtfüßig zu den wichtigsten
Stationen in seinem Leben zurück.
Bloéb ist ein sehr humorvoller
Mensch, sein Lachen ist außerge-
wöhnlich, durchdringend, es erfüllt
den Raum. Auf seinem Kopf sitzt ein
grüner Filzhut, er beschreibt den Ur-
zustand seines Hauses, wie er diesen
Platz fand, ihn zufällig entdeckte, sich
in ihn verliebte, wie er begann, die
Ruine bewohnbar zu machen. Er ist
stolz auf sein Haus. Zu Recht, alles
trägt seine persönliche Handschrift,
hier kommt nichts von der Stange,
man fühlt sich wohl hier.
Gregor Bloéb, Schauspieler, Sohn
eines Pharmareferenten und einer
Erzieherin, wirkt entspannt, natürlich,
er ist Tiroler geblieben, er erzählt
mit kerniger, tiefer Stimme, selbst-
bewusst. Er erzählt von Treffen mit
seinen Brüdern, wie sie um die Wette
Motorrad fahren, Hindernisparcours
überwinden, sich messen, heute noch
immer, Carrera & Co. „Wir sind wie
Kinder“, lacht er.