1975 haben er und seine Frau den
elterlichen Betrieb übernommen, sie
haben mit englischen Schulkindern in
Stockbetten begonnen, für hundert-
vierzig Schilling inklusive Vollpension
vermieteten sie damals. Bereits im
selben Jahr der Übernahme baute
Reiter vierundfünfzig Zimmer dazu.
Er erinnert sich. „Wir waren unglück-
lich nach dem Umbau, wir wollten
es noch schöner, wir hätten so gerne
mehr getan, hätten gerne die Plas-
tiktischdecken gegen etwas Edleres
ausgetauscht.“ Das kam dann später.
In insgesamt sechzehn Bauschritten
entstand dieses beeindruckende Ho-
tel. Dreihundert Gästebetten, hundert-
fünfzig Zimmer, davon vierundfünfzig
Suiten. Für etwas mehr als hundert-
vierzig Euro am Tag kann man sich
hier richtig wohlfühlen.
Reithalle, Landhaus Ost, Landhaus
Süd, Tennis und Squashanlage usw.
Ein Ende der Bautätigkeit scheint
nicht in Sicht, demnächst entsteht
ein neues Mitarbeiterhaus. Das Hotel
verändert sich ständig und bietet dem
Besucher immer das Beste. Das
Lied von Grönemeyer ist zu meinem
Ohrwurm geworden. Es bleibt alles
anders. Und dieses Anders ist wohl
jeden Euro wert.
Auf der Visitenkarte, die mir Herr
Reiter in die Hand drückt, steht: Gast-
wirt und Landwirt. Darauf ist er stolz,
darauf besteht er. Seit Beginn seiner
Karriere hat er die Landwirtschaft
nicht aus dem Auge verloren, seine
Pferde, seine Hochlandrinder, alle sei-
ne Tiere sind ihm wichtig. „Mein Vater
verkaufte die letzten beiden Noriker,
Hansi und Fani. Ich habe versucht, sie
zu verstecken, die Pferde gingen mir
einfach nach. Ich war fünf Jahre alt.
Mein Vater versprach mir ein Haflin-
gerfohlen, das ich aber nie bekom-
men habe. 1975 habe ich mir dann
sofort Pferde gekauft. Ich konnte nicht
anders.“
Die Familie hat die größte private
Lipizzanerzucht der EU, immer neue
Tiere kommen in den Besitz des
Landwirts. Mit Haflingern hat er an-
gefangen, dann kam ein Hengst aus
der Spanischen Hofreitschule dazu.
Die Liebe zu den weißen Pferden
entflammte und breitete sich aus. Ob
er selbst reitet, frage ich ihn. Dazu hat
er keine Zeit, sagt er. Hatte er nie. Er
fährt mit dem Wagen aus manchmal,
aber ansonsten begnügt er sich mit
der Zucht, dem Anblick der wunder-
schönen Tiere.
Ein sehr freundlicher Barchef serviert
uns Getränke. Er wirkt ebenso zu-
frieden wie der Herr, der mich durch
das Haus geführt hat. „Wir schauen
auf unsere Mitarbeiter“, sagt Reiter.
„Das ist uns wichtig.“ Immer wieder
verreisen die Reiters mit ihrer Crew,
als kleines Dankeschön an die Mann-
schaft sozusagen. Vor zwei Jahren
ging es in die Karibik, Kreuzfahrt auf
Kosten des Hauses. Das Mitarbeiter-
lokal ist ein weiteres Highlight, an drei
Tagen in der Woche geöffnet, man
bekommt dort das Bier für nur einen
Euro.
Auch den Kindergarten für Mitarbei-
terkinder gibt es wahrscheinlich nur
hier, und dass die Angehörigen der
Belegschaft für nur fünfzig Prozent
des Zimmerpreises im Hotel schlafen
dürfen, ist ebenso erwähnenswert
wie die Tatsache, dass Mitarbeiter mit
dem hauseigenen Porsche Spazier-
fahrten unternehmen dürfen. Insge-
samt beschäftigt die Familie über
fünfhundert Menschen in Tirol und im
Burgenland.
Mittlerweile kümmert sich Sohn Karl
Christian gemeinsam mit seiner
Mutter um die Geschäfte in Achen-
kirch, Karl Reiter leitet das Burgenland
Resort. Eine ordentliche Übergabe ist
ein Drittel des Lebenswerkes, sagt
er. Deshalb hat er das Ruder seinem
Sohn überlassen. Aufhören muss er
deshalb aber nicht, das wäre der Hor-
ror für ihn. Ein Hotel am Strand hätte
er noch gern, und ein schönes großes
Gut irgendwo in Europa. Er schaut
verträumt.
Mich beseelt Dankbarkeit, sagt er.
„Ich hätte ja auch Tankwart werden
können, es hätte auch etwas schief-
gehen können.“ Ist es aber nicht.
Dem Wellnesshimmel sei Dank.
Karl Reiter gilt in Österreich als Well-
ness-Pionier. Der Tiroler leitet seit 30
Jahren am Achensee erfolgreich das
Posthotel Achenkirch. Es zählt zu den
besten Wellness-Hotels Europas. Im
Burgenland, in Bad Tatzmannsdorf,
führt Karl Reiter außerdem Reiter’s
Avance Hotel und Reiter’s Burgenland
Resort. Das Resort ist Österreichs
größte private Therme, nur für Hotel-
gäste mit eigenem Thermalwasser,
Fitness- und Gesundheitsbereich.
Durchschnittlich beschäftigten die
Reiters zuletzt knapp 460 Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeiter.