Seite 44 - rlb_geschäftsbericht 2007

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Mit sieben Jahren begann Evelyn
Haim-Swarovski mit dem Reiten,
jeden Mittwoch ging sie zum Unter-
richt, die eine Stunde mit den Pfer-
den war damals schon wunderbar
für sie. „Meine Mutter stellte mich
vor die Wahl, Reiten oder Ballett. Ich
habe eine gute Entscheidung getrof-
fen.“ Mit zwölf Jahren bekam sie ihr
erstes Pferd. Sie ist mit Pferden groß
geworden, sie hat von ihnen gelernt,
Toleranz, Zielstrebigkeit und Demut.
Sie bastelte diszipliniert an ihrer
Reitkarriere, brachte ihre Aufgaben
als Züchterin, Reiterin und Mutter
unter einen Hut. Zweitausendsechs
nahm sie an der Weltmeisterschaft in
Aachen teil, sie feierte ihren größten
sportlichen Erfolg und erfüllte sich
damit einen großen Traum.
Die Urenkelin des Swarovski-Firmen-
gründers Daniel hat darauf verzichtet,
im Familienunternehmen operative
Aufgaben zu übernehmen, sie hat
sich für ihre Familie entschieden,
für ihre Pferde. Trotzdem verbindet
sie sehr viel mit dem Unternehmen.
„Mein Leben ist hier, aber mein Herz
ist auch in der Firma.“ Stolz zeigt sie
mir Pferde aus Kristall, die glanzvoll in
einer Vitrine ruhen. Perfekt designte
Wesen aus Glas.
Frau Haim-Swarovski erklärt mir,
wie derartige Kunstwerke entstehen,
sie beschreibt mir die Szenerie, wie
der Designer in der Reithalle sitzt
und zeichnet, wie die Pferde um ihn
herumtraben, wie er sie beobachtet,
ihre Bewegungen auf Papier bringt.
Modelle werden angefertigt, es geht
um Millimeter, Vorhand-, Mittel-,
Hinterhand. Es geht um Perfektion,
um Dressur und Schliff. Der Zusam-
menhang zwischen Haim-Swarovskis
Leidenschaft und den Kristallen, die
sie genauso ein Leben lang begleitet
haben wie ihre Pferde, dieser Zusam-
menhang scheint offensichtlich. So
wie der Kristall geschliffen wird, so
wird das „rohe Pferd“ geformt, ange-
ritten und ausgebildet. Am Ende steht
etwas Schönes, etwas, das fasziniert
und verzaubert. Ein anmutiges Pferd.
Aus Glas, aus Fleisch und Blut.
Die Katze sitzt mittlerweile auf dem
Tisch, an dem wir uns niedergelassen
haben. Das dicke Schwein, das Toch-
ter Marie nach langem Wünschen der
Mama im Internet gekauft hat, schläft
wahrscheinlich immer noch. Zwei
kleine und ein großer Hund schwän-
zeln um die Beine meiner Gastge-
berin. Dass Tierliebe in diesem Haus
sehr groß geschrieben wird, spüre
ich während jeder Minute meines
Besuchs. „Manche Menschen sehen
ihr Pferd als Sportgerät. Das darf nicht
sein. Wenn man es sich leisten kann,
sollten die Pferde in Würde alt werden
dürfen. Freunde, die einen über viele
Jahre begleitet haben, wirft man nicht
einfach weg.“ Die Katze setzt sich
wieder auf ihre Schulter.
Wie es sein muss, die Pferde, die
man gezüchtet und ausgebildet hat,
zu verkaufen, diese Frage liegt mir
nahe. Die Züchterin überlegt kurz.
„Man bindet sich nicht so stark, man
weiß, dass man sich trennen wird,
das Verhältnis ist ein anderes als zu
Pferden, die einen jahrelang beglei-
ten.“
Und nicht jeder Käufer kann je-
des Pferd kaufen. Es gibt da diese
Geschichte, die mir besonders gut
gefällt.
Ein großer Scheich kam nach Fritzens
und wollte ein Pferd kaufen, aber Frau
Haim-Swarovski vertraute ihr Pferd
dem reichen Scheich nicht an, da sie
nicht wusste, wer es reiten würde.
Sie kannte die Hände nicht, in die
es kommen sollte. Der Scheich ging
ohne Pferd wieder nach Hause, statt-
dessen nahm er aber einen sehr, sehr
großen Kristallluster mit in seine Hei-
mat. Das Pferd blieb am Schindlhof.
Evelyn Swarovski ist die jüngste
Tochter von Hilde und Manfred
Swarovski. Nach ihrem erfolgreich
absolvierten Fremdsprachenstudium
zum Übersetzer war sie bis 1990 in
ihrem eigenen Übersetzungsbüro in
Innsbruck tätig. Die zweifache Mutter
lebt heute mit ihrem Mann Klaus
Haim am Schindlhof in Fritzens. Seit
1983 betreibt die Familie eine erfolg-
reiche Warmblutpferdezucht. 2008
veranstaltet Evelyn Haim-Swarovski
zum 13. Mal das Manfred-Swarov-
ski-Gedächtnisturnier, ein Reitturnier
von internationalem Renommee. Der
größte sportliche Erfolg als Dressurrei-
terin gelang Evelyn Haim-Swarovski
im Jahr 2006 mit der Teilnahme an
den Weltmeisterschaften in Aachen.