Peter Habeler wirkt äußerst entspannt,
wenn er über sein Leben spricht,
über seine Erfolge, seine Berge,
über Rückschläge, über Freunde,
die er in den Bergen verloren hat. Er
beschreibt die Stationen seines Le-
bens, immer wieder lacht er, er ist gut
gelaunt, selbstkritisch.
Er hat sein Hobby zum Beruf ge-
macht, übte seinen gelernten Beruf
des Bleiverglasers nur kurz aus und
wurde mit 21 staatlich geprüfter Ski-
lehrer und Bergführer.
„Ich wollte in die Mountains“, sagt er.
Zuerst waren es die Berge im Zillertal,
dann der Wilde Kaiser, dann Frank-
reich. Die Besteigung des Freneypfei-
lers öffnete ihm das Tor zur Welt.
„Nachdem ich da oben war, wusste
ich, dass ich überall hinaufkommen
kann. Ich war Mitte zwanzig, ich bin
mit Michl Meirer zum Montblanc ge-
fahren und wir sind da einfach hinauf.
Es war die dritte Besteigung und wir
haben es geschafft.“ Bei der Erst-
besteigung starteten die Besten der
Besten unter der Führung von Walter
Bonatti. Vier von sieben sind gestor-
ben. „Neben einer großen Portion
Wissen, und Mut, und Feigheit, muss
man auch Frechheit mitbringen, man
muss sich was trauen, es braucht
diese Frechheit, damit man ganz
nach oben kommt.“ Peter grinst
schelmisch, ich bin überzeugt, dass
er mit genügend Frechheit gesegnet
ist.
Peter war sechs Winter lang Skilehrer
in Wyoming, er entdeckte die ame-
rikanischen Berge und eroberte sie.
Dann kam die Liebe zu Nepal, die
höchsten Berge der Welt wurden sein
Zuhause, er entdeckte seine Liebe für
dieses Land, für die Menschen dort.
Aber er kam immer wieder gerne
heim ins Zillertal, er vermisste die
Berge in seiner Heimat, sein Haus,
die ihm vertrauten Menschen. Dass
er es immer wieder geschafft hat
heimzukommen, verdankt er nicht nur
seinen vielen Schutzengeln, sondern
auch seiner Nase. „Ich hatte sehr viel
Glück in meinem Leben, ich bin so
froh, dass ich erfolgreich sein durfte,
dass ich das alles erleben konnte.
Ich wusste immer, wann ich umdre-
hen muss, meine Nase hat mich da
immer geleitet. Ich rieche es, wenn es
Stunk gibt.“
Fast alle Begleiter auf seinen Acht-
tausender-Touren außer Reinhold
Messner sind tot, abgestürzt, in den
Bergen geblieben. Bei dem, was sie
am liebsten taten, sagt Peter. „Natür-
lich ist es tragisch, und man trauert,
aber ich bin mir sicher, sie sitzen
irgendwo da oben und schauen uns
zu, ich bin überzeugt davon, dass es
ihnen gut geht.“
Die vielen Buddha-Figuren, die in Pe-
ters Wohnung herumsitzen, haben ihn
wohl zu solchen Ansichten inspiriert,
sagt er. Er kann den buddhistischen
Lebensweisheiten immer wieder
etwas abgewinnen. Auf die Frage, ob
er häufig in die Kirche geht, schüt-
telt er vorsichtig den Kopf. „Meine
geistlichen Freunde und Berggefähr-
ten sagen mir immer wieder, dass
ich mich öfter anschauen lassen soll,
aber da kommt halt immer wieder
was dazwischen.“
Neben dem Innsbrucker Bischof führt
Peter Habeler eine Menge anderer
Prominente in die Berge, sei es im
Zillertal oder irgendwo anders auf der
Welt. „Ich bin deren Lebensversiche-
rung, ich bringe sie hinauf und wieder
heil herunter.“ Dafür lieben sie ihn.
Peter ist ein paar Mal irgendwo hinun-
tergefallen, sagt er, aber er hat sich
nie ernsthaft verletzt. „Es wird wohl
wegen den Frauen gewesen sein, ich
wollte halt besonders gut ausschau-
en. Ich hatte meinen Partnerinnen zu
großes Augenmerk geschenkt.“ Er
schmunzelt und gibt mir recht: Frauen
waren immer ein großes Thema in
seinem Leben. Gott sei Dank, sagt er.
Peter Habeler ist über sechzig, den
Achttausendern hat er abgeschwo-
ren, seine Ziele sind bescheidener
geworden, aber er ist aktiv wie immer.
Er hält Vorträge, reist, fotografiert, be-
steigt weiterhin seine geliebten Berge.
Hoffentlich noch lange.
Peter Habeler ist Österreichs be-
kanntester Extrembergsteiger. Der
gebürtige Zillertaler lebt heute in
Finkenberg hoch über dem Zillertal.
Weltruf ereilte Habeler schon 1975
mit der erstmaligen Besteigung des
8068 m hohen Hidden Peak ohne
Sauerstoff in Zweierseilschaft mit dem
Südtiroler Extrembergsteiger Reinhold
Messner. Deren Seilschaft gipfelte
1978 in der erstmals ohne Sauer-
stoff durchgeführten Besteigung des
Mount Everest auf über 8800 m. Mit
66 pendelt Peter Habeler noch immer
zwischen Tirol, Argentinien und Nepal
und unternimmt zahlreiche Bergfüh-
rungen.