Seite 75 - RLB Geschäftsbericht 2008

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in Tirol hat er sich mit der aktuellen Kunst-
szene auseinandergesetzt, er kennt mehr
oder weniger alle relevanten Künstler per-
sönlich, kennt ihre Arbeiten, seit fünfund-
zwanzig Jahren begleitet er jene, die aus
der Masse heraustreten und sich etablieren
konnten. Mit den anderen beiden Jurymit-
gliedern bildet er die Basis für den Aufbau
einer hochwertigen, international ernstzu-
nehmenden Sammlung. Dass das das Ziel
sei, betont Bertsch.
Die Sammlung der RLB soll für Qualität
stehen, Ankäufe sollen wohl überlegt ge-
tätigt, ein homogenes Ganzes geschaffen
werden. Zentrale Arbeiten, Schlüsselwerke
der jeweiligen Künstler sollen angekauft
werden, Arbeiten, die repräsentativ sind,
die für das Œuvre des Künstlers stehen.
Es wird also nicht wahllos gekauft, die
Sammlungsjury überlegt bei jedem Werk,
sondiert, entscheidet. Hochwertige Arbei-
ten von Tiroler Künstlern sollen es sein,
wobei der Begriff „Tiroler Künstler“ weiter
gefasst ist, all jene, die biographische
Bezüge zum Land haben, die hier geboren
wurden oder bereits längere Zeit in Tirol
leben, gehen als Tiroler durch. Und das
ist auch gut so, sagt Bertsch, alles andere
wäre lächerlich.
Dass die RLB Tiroler Kunst sammelt und
nicht internationale Namen, böte sich an,
meint er, die RLB legt als Landesbank
ihren Blick auf Tirol, fördert die heimischen
Künstler, stellt sie aus und bietet ihnen
durch den qualitativ hohen Standard einen
guten Boden, auf dem sie agieren können.
Die RLB Kunstbrücke sei in den letzten
Jahren zunehmend zum akzeptierten
Kunstort geworden, die Sammlung könnte
in einigen Jahren auch dem Vergleich
mit internationalen Museen standhalten.
Dafür sei aber Langfristigkeit das oberste
Gebot, es sei entscheidend, meint Bertsch,
dass die Initiative zu sammeln über Jahre
betrieben werde, der Entschluss der Bank,
dieses Vorhaben langfristig zu betreiben,
sei sehr lobenswert und zugleich notwen-
dig.
Die Jury entwickelte ein Sammlungskon-
zept, das es nun über Jahre umzusetzen
gilt, Sammlungsschwerpunkte wurden
festgelegt. Wichtig für Bertsch und die
anderen Jurymitglieder ist zum einen die
Qualität der angekauften Arbeiten und
zum anderen, der medialen Offenheit
des heutigen Kunstbetriebes gerecht zu
werden. Man könne heute keine hoch-
wertige Sammlung mehr aufbauen und
sagen, man sammle nur Malerei oder nur
Videokunst, Christoph Bertsch erklärt, es
gehe nicht um mediale Einengungen, son-
dern darum, die gesamte Spannbreite zu
zeigen, die heute in der modernen Kunst
vorhanden ist: Malerei, Videos, Fotografie,
Grafik, Konzeptkunst. Die bestehende
Sammlung der RLB soll ergänzt werden
und längerfristig bis in die 70er-Jahre
zurückreichen, zugleich soll junge Kunst
von heute eingebunden werden. Namen
von regionalen Künstlern mit überregio-
naler Bedeutung wie Kogler, Weinberger,
Schlegel oder Caramelle sollen neben
noch unbekannten Namen stehen. Ein ge-
wisses Risiko gehe man gerne ein. Bertsch
schmunzelt.
Ein gewisses Risiko war auch bestimmt
Yves Saint Laurent eingegangen, als er
seine Sammlung zusammentrug, die vor
einiger Zeit um 373,5 Millionen Euro ver-
steigert wurde. Es handelte sich um einen
Weltrekord, um eine Jahrhundertauktion,
um eine immense Summe, die für eine der
größten Privatsammlungen Europas erzielt
wurde. Christoph Bertsch kommentiert
den Verkauf sachlich und streicht eines
hervor: „Anhand von dieser Summe sieht
man, dass eine Sammlung nicht nur einen
ideellen Wert haben kann, sondern auch
wirtschaftlich für die beteiligten Personen
sehr interessant ist.“ Mit diesen Worten im
Ohr verlasse ich sein Büro, ich reibe mir
die Hände und nehme mir vor, mit dem
Sammeln zu beginnen. Mit einer wunder-
schönen Zeichnung meiner Frau werde ich
beginnen.
„Die Sammlung der RLB soll für
Qualität stehen, Ankäufe sollen
wohl überlegt getätigt, ein
homogenes Ganzes geschaffen
werden.“
Weit oben in seinem Büro sitzt er,
der Experte
für Tirol r Kunst, Professor für neuere und
neueste Kunstgeschichte, im zehnten Stock
des Geiwi-Turm s erw r et mich Christoph
Bertsch, ein Kenner der Szene und Mitglied
jener Jury, die für die Kunstsammlung der
RLB Tirol zuständig ist.
Die Sammlung und der Sammler
Christoph Bertsch
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